Zitronenwasser am Morgen: Hype oder echter Gesundheitskick?

Morgens mit einem Glas Zitronenwasser in den Tag starten – das ist seit einiger Zeit der Gesundheitstrend schlechthin. Aber was genau steckt dahinter?
Das gesamte Social Media ist voll davon. Viele Influencer*innen und Promis wie Beyoncé, Naomi Campbell oder Demi Moore sagen sogar, sie können morgens gar nicht mehr ohne: Die Rede ist von Zitronenwasser direkt am Morgen. Auch Star-Ärzt*innen und populäre Diäten feiern die gesundheitlichen Vorteile dieses einfachen Getränks als „den absoluten Wohlfühlfaktor für Körper und Geist”. Aber: Ist Zitronenwasser wirklich so gesund, wie alle sagen? Oder nur der nächste große Hype?
Wir schauen uns die Zitronenwasser-Wirkung genauer an, räumen mit den größten Mythen auf und geben dir Tipps, wie du dein Zitronenwasser-Rezept morgens optimal zubereitest.
Morgens Zitronenwasser: Woher kommt der Trend?
Erfrischend und leicht sauer im Geschmack verleiht uns ein Glas gesundes Zitronenwasser das Gefühl, uns gleich morgens etwas Gutes zu tun. Für viele ein kleines Ritual, das den Tag achtsam und bewusst starten lässt. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum die ayurvedische Heilkunst schon seit Jahrhunderten dazu rät, den Morgen mit einem Glas Zitronenwasser zu beginnen. Auch in der traditionellen, indischen Heilkunst schätzt man die gesundheitlichen Vorzüge des lauwarmen Wassers mit Zitrone und sieht es als festen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung an.
Welche Fakten stecken dahinter? Kein Zweifel: Zitronen sind echte Vitamin-C-Bomben. Dieses kraftvolle Antioxidans unterstützt dein Immunsystem, schützt deine Zellen vor freien Radikalen und liefert gleichzeitig Kalium, Magnesium und Calcium – wichtige Mineralstoffe für Knochen, Herz und Muskeln.
Ferner soll Zitronenwasser beim Abnehmen helfen, vor Erkältungen schützen und einen tollen Detox-Effekt haben. Zahlreiche weitere Behauptungen über angebliche Gesundheitswunder kursieren um das morgendliche Trendgetränk. Was davon stimmt wirklich?
Die größten Mythen über Zitronenwasser am Morgen
Wir analysieren die sieben wichtigsten Behauptungen über Zitronenwasser am Morgen auf ihren Wahrheitsgehalt.
# 1: Zitronenwasser hat einen Detox-Effekt
Das Gerücht hält sich hartnäckig: Zitronenwasser soll deinen Körper entgiften. Zwar enthält Zitronensaft Limonen (sprich: Limonén, mit Betonung auf dem ‘e’), ein Naturstoff aus der Gruppe der Terpene, das in Zitronenöl vorkommt und gern als Duftstoff und biogenes Lösungsmittel in Reinigungsprodukten eingesetzt wird. Limonen kann die Leberenzyme beeinflussen, soweit richtig. Aber in der Menge, die du morgens in deinem Zitronenwasser trinkst, reicht das nicht aus. Macht auch nix, denn dein Körper hat mit Leber und Nieren bereits ein super effektives Detox-System.
Fazit: Detox mit Zitronenwasser? Leider ein Mythos. Bist du gesund, schafft es dein Körper in der Regel jedoch zum Glück selbst, sich zu entgiften. Zitronenwasser brauchst du dafür nicht.
# 2: Zitronenwasser hilft beim Abnehmen
Zitronenwasser ist kalorienarm – keine Frage. Damit ist es definitiv eine gesunde Alternative zu Limonaden – nicht nur am Morgen, sondern wann immer du Lust auf ein Getränk mit Geschmack hast. Auf diese Weise könnte Zitronenwasser indirekt beim Abnehmen helfen, indem es dich dazu bringt, mehr Kalorienfreies zu trinken.
Zitronenwasser vor einer Mahlzeit getrunken, ist auch eine gute Abnehmhilfe, denn es kann das Sättigungsgefühl fördern und den Appetit zügeln. Diesen Effekt hat aber auch ganz normales Wasser.
Fazit: Es gibt keine wissenschaftliche Untersuchung, die besondere Effekte des Zitronenwassers beim Abnehmen belegt. Als gesundes, kalorienfreies Getränk bei einer Diät dürfen wir Zitronenwasser aber auf jeden Fall abspeichern.
# 3: Zitronenwasser fördert die Verdauung
Für eine gesunde Darmbewegung und die Aufnahme von Fettsäuren aus Vitaminen benötigen wir Gallensäure. Zitronensaft regt zwar die Gallensäureproduktion an, doch ob Zitronenwasser wirklich eine Wirkung auf die Verdauung hat, ist unklar. Zumindest wird ein Glas Zitronenwasser nicht die Lösung sein, sollte die Gallenblase nicht genug Gallensaft ausschütten, um fettige Speisen zu verarbeiten. Es gibt auch keinerlei Studien darüber, dass Zitronenwasser die Magenentleerung verlangsamt und somit die Nährstoffaufnahme verbessert, wie oft behauptet wird.
Wahr ist allerdings, dass ein morgendliches Glas Wasser (mit oder ohne Zitrone) die über Nacht geleerten Feuchtigkeitsspeicher wieder auffüllt. Warmes anstelle von kaltem Wasser ist – speziell am Morgen – wesentlich sanfter.
Morgens sind Nervensystem und Körperfunktionen noch entspannt von der Nachtruhe. Lauwarmes Wasser muss nicht erst mit großem Kraftaufwand erwärmt werden und bringen so Stoffwechsel und Organismus locker in Schwung. Wenn dir warmes Wasser nicht so recht schmeckt, dann füge gern einen Spritzer Zitrone hinzu. So entstand sicher der Mythos, Zitronenwasser habe eine positive Wirkung auf die Verdauung.
Fazit: Leicht warmes (Zitronen)-Wasser weckt deinen Körper sanft auf und bringt dein Magen-Darm-System entspannt in Bewegung – mehr aber auch nicht.
# 4: Zitronenwasser schützt vor Erkältungen
Fantastisch, wenn das so einfach wäre! Ja klar, Zitronen sind reich an Vitamin C, aber die Menge in einem Glas Zitronenwasser reicht nicht aus, um dich vor Angriffen von sämtlichen Erregern zu bewahren. Dafür müsstest du regelmäßig wesentlich höhere Dosen zu dir nehmen. Das funktioniert übrigens auch nicht mit dem viel gepriesenen Hausmittel bei Erkältungen, der heißen Zitrone, da das hitzeempfindliche Vitamin C bei Temperaturen über 60 °C zerstört wird. In diesem Artikel erklären wir dir, wie du dir den Klassiker am besten zubereitest.
Fazit: Zitronenwasser ist gesund, aber noch lange kein Schutzschild.
# 5: Zitronenwasser macht wach
Zitronenwasser schmeckt frisch und die Säure gibt dir vielleicht einen kleinen extra Frische-Kick am Morgen. Aber physiologische Beweise für eine wach machende Wirkung von Zitronenwasser gibt es nicht. Eine kleine Ausnahme mag es sein, wenn du einen leichten Vitamin-C-Mangel hast. Dann könntest du von dem gesunden Zitronenwasser profitieren, aber für die meisten ist der Effekt eher psychologisch – ähnlich dem Mythos #3, der Wirkung von Zitronenwasser auf die Verdauung.
Fazit: Das Wachmacher-Gefühl kommt vom erfrischenden Geschmack, nicht von der speziellen Wirkung des Zitronenwassers selbst.
# 6: Zitronenwasser beugt Nierensteinen vor
Zitronensaft enthält Zitronensäure, die tatsächlich die Bildung von Nierensteinen hemmen kann. Besonders bei Menschen, die zu Nierensteinen neigen, könnte ein Glas Zitronenwasser am Morgen Vorteile bieten. Allerdings fehlen Langzeitstudien, die diese spezielle Wirkung von Zitronenwasser bestätigen.
Fazit: Potenziell hilfreich, aber auch hierfür kein Wundermittel.
# 7: Zitronenwasser gleicht zu saure Ernährung aus
Man hört oft, Zitronenwasser könne den Säure-Basen-Haushalt austarieren, da es im Körper basisch wirkt. Dahinter steckt die grundlegende Annahme, dass unsere durchschnittliche Ernährungsweise unser Blut zu sauer macht. Was wiederum eine Vielzahl von Krankheiten fördere, insbesondere Diabetes, Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Laut dieser „Saure Ernährung macht krank-Theorie” bringen bestimmte Lebensmittel den pH-Wert des Blutes wieder ins Gleichgewicht.
Was daran richtig ist: Ein zu hoher (d.h. zu alkalischer) oder zu niedriger (also zu saurer) pH-Wert des Blutes kann tatsächlich schädlich sein. Dein Körper ist aber zum Glück ein sehr schlaues, leistungsstarkes System, das den pH-Wert des Blutes streng kontrolliert. Ist dein Körper gesund, reguliert er den pH-Wert des Blutes ganz allein. Es wäre in der Tat äußerst fatal – ja sogar lebensgefährlich –, wenn wir das extrem sensible pH-System unseres Körpers allein mit Nahrungsmitteln oder Getränken beeinflussen könnten!
Fazit: Eine positive Wirkung von Zitronenwasser auf den Säure-Basen-Haushalt ist nirgendwo wissenschaftlich belegt. Fakt hingegen ist: Dein Körper hält den pH-Wert selbst in Balance – Zitronenwasser am Morgen benötigt er dazu nicht.
Zitronenwasser – gesund, aber kein Wundermittel
Aufgrund seines Vitamin-C-Gehalts ist Zitronenwasser definitiv gesund, kalorienarm und kann dir helfen, mehr zu trinken. Für Frauen ab 40 ein dicker Pluspunkt, denn mindestens zwei Liter am Tag brauchen wir unbedingt! Die leichte Säure macht es zu einem erfrischenden Getränk und einer wunderbaren Ergänzung eines gesunden Lebensstils. Besonders lauwarmes Zitronenwasser am Morgen ist für deinen Organismus eine tolle Sache und ein prima Ritual, um den Tag bewusst zu beginnen.
Die meisten WOW-Behauptungen rund um Zitronenwasser morgens als erste Amtshandlung sind jedoch stark übertrieben. Sie basieren, wenn überhaupt, auf einer sehr dünnen, oft unzureichenden wissenschaftlichen Faktenlage.
Weil es jedoch lecker schmeckt und für viele als morgendliches Achtsamkeitsritual einwandfrei funktioniert, hier ein paar Tipps für die Zubereitung von deinem Zitronenwasser, damit du die maximale Wirkung herausholst:
Die richtige Zitronenwasser-Zubereitung: So geht’s
Das perfekte Zitronenwasser-Rezept ist kinderleicht:
- Presse den Saft einer halben BIO-Zitrone in ein Glas lauwarmes Wasser.
- Vermeide heißes Wasser, da es das hitzeempfindliche Vitamin C zerstört.
- Optional: Füge etwas Ingwer, Minze oder einen Teelöffel Honig hinzu – für extra Geschmack.
Tipp: Solltest du, wie Naomi oder Beyoncé, dein Zitronenwasser morgens auf nüchternen Magen trinken, fange als Einsteigerin am besten mit wenig Zitrone an, etwa mit einer Viertelzitrone. Zu viel Säure kann empfindliche Mägen reizen.
Studien & Quellen
Lemon water: is it good for you? Examine.com. Published January 6, 2025.
Parretti, H. M., Aveyard, P., Blannin, A., et al. (2015). Efficacy of water preloading before main meals as a strategy for weight loss in primary care patients with obesity: RCT. Obesity, 23(9), 1785–1791. doi:10.1002/oby.21167
Hemilä, H. & Chalker, E. (2013). Vitamin C for preventing and treating the common cold. Cochrane Library, 2013(5). doi:10.1002/14651858.cd000980.pub4
Phillips, R., Hanchanale, V. S., Myatt, A., et al. (2015). Citrate salts for preventing and treating calcium containing kidney stones in adults. Cochrane Library, 2015(10). doi:10.1002/14651858.cd010057.pub2
Buclin, T., Cosma, M., Appenzeller, M., et al. (2001). Diet Acids and Alkalis Influence Calcium Retention in Bone. Osteoporosis International, 12(6), 493–499. doi:10.1007/s001980170095