Weiblichkeit und Wechseljahre: Eine Frage der eigenen Definition

Weiblichkeit und Wechseljahre

Weiblichkeit zu definieren, ist eh schon schwer. Wechseljahre und Älter werden werfen bei vielen Frauen nochmal neue Fragen auf. Das ist nicht leicht, bietet aber auch Chancen. Erfahre, was Frauen von der Straße dazu sagen. Und definiere dich dann selbst!

Inhaltsverzeichnis

In einem gewissen Alter können wir es gar nicht erwarten, endlich älter zu werden. Wann geht diese Kurve nach unten? Wann ist mehr Erfahrung zu haben, für eine Frau nicht mehr wünschenswert? Wenn 30 Kerzen auf dem Kuchen brennen? Nein, mit 30 ist man noch jung! Bis 40 hat man sich gut gehalten. Aber dann mit 50, da geht es richtig abwärts. Oder doch nicht? Ist doch erst „Halbzeit“, wenn’s gut läuft.

Männer reifen, Frauen werden einfach nur alt

Das gesellschaftliche Bild der (post)-menopausalen Frau ist häufig noch immer das, einer sich langsam, still und heimlich zurückziehenden Frau. Der Zenit ist überschritten, Fortpflanzen und Gebären haben sich erledigt und es wird Zeit, zur Ruhe zu kommen. 

Auch optisch wird die Frau jetzt quasi unsichtbar – zumindest in ihrer zuvor ach so begehrenswerten Weiblichkeit. Tiefes Dekolleté? Wilder Haarschopf? Greller Nagellack und Lippenstift? „Die hat wohl nicht gemerkt, wie alt sie schon ist“ oder zumindest „ganz schön mutig, in DEM Alter …“.

Googelt man die Wechseljahre, begegnen einem fast nur Bilder „mittelalter“ Frauen, die mit einer Teetasse sentimental in die Ferne starren oder schwitzend und entmutigt einen Handventilator umklammern. Bilder, die „Abschied“ suggerieren.

Jedoch nicht mit einer fetten Abschiedsparty von der – durchaus auch nervigen – Periode. Sondern Abschied von der Weiblichkeit. Von der gebärenden Frau. Vom sexy Idealbild. So, als würden Frauen nach der Menopause plötzlich nicht mehr eine vollständige Frau sein, nur weil die Eierstöcke leer sind.

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Was ist „Weiblichkeit“?

Was „Weiblichkeit“ überhaupt bedeutet, ist per se schon schwer zu definieren. Denn natürlich ist es mehr, als lange Haare, Sanduhren-Figur, voller Busen, Fruchtbarkeit und Mutterschaft. Was „Weiblichkeit“ für Frauen in den Wechseljahren und darüber hinaus bedeutet, ist häufig noch diffuser.

Denn obwohl wir uns in einem gesellschaftlichen Aufbruch befinden, sind wir unterschwellig noch immer stark von veralteten gesellschaftlichen Klischees geprägt. Wie sollte es auch anders sein? Unsere Mütter bieten selten ein adäquates Vorbild und Stars wie Gwyneth Paltrow leben weit entfernt in einer anderen Alltagsrealität. Wir fühlen uns nicht plötzlich total alt oder „weniger Frau“ – und doch ist etwas anders.

Zwiegespaltene Gefühle

In vielerlei Hinsicht ist das Altern als Frau ein zweischneidiges Schwert:

Wir sind froh, dass uns die Horde Bauarbeiter nicht mehr irgendeinen schmierigen Spruch hinterher grölt. Aber wenn so gar keiner mehr pfeift oder guckt, fühlt sich das auch irgendwie blöd an.

Wir haben es nicht mehr nötig, jedem Modetrend hinterherzulaufen. (Zumal wir den vor 30 Jahren schon mal mitgemacht haben.) Aber wir wollen gedankenlos kurze Shorts oder Minirock tragen dürfen, wenn uns danach ist.

Denn: Wir sind selbstverständlich immer noch begehrenswert, auch wenn der Busen hängt. Wir sind feminin, auch mit dünner werdendem Haar. Wir sind sexy und weiblich, auch wenn wir wütend sind, keine Geduld mehr mit Nörgeleien von Kind oder Mann haben, anecken, aufbrausen und nicht mehr bluten.

Sich selbst definieren

Wie also mit all diesen Gedanken und Gefühlen umgehen? Mit Sicherheit nicht verbittert sein, über die verlorene Jugend. So wie die böse Stiefmutter im Märchen von Schneewittchen, die nicht akzeptieren will, dass sie nicht mehr die Schönste im Land ist – und letztlich stirbt, weil sie an ihrer Eitelkeit festhält.

Und auch nicht mit rosaroter Brille ein „Feel Good“ Buch nach dem nächsten verschlingen, das uns weiß machen will, dass – mit der richtigen Perspektive – das Glas jetzt doppelt so voll wäre. Denn niemand – kein Mann und keine Frau – würde sagen, es ist einfach nur richtig toll, durch die Wechseljahre zu gehen und älter zu werden. Zum Alter gehören neben „Reife“ und „Gelassenheit“ nun mal leider auch unangenehme Symptome, längere Genesungszeiten, mehr Zipperlein und perspektivisch auch Krankheit und Tod.

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Ideen für neue Weiblichkeit jenseits der Lebensmitte

Es gibt keinen perfekten 10-Punkte-Plan zur neuen Weiblichkeit ab der Lebensmitte. Wir haben häufig (noch) keine lebensnahen Vorbilder und können uns nur schwer von alten Prägungen lösen. Das macht es nicht leicht, steckt aber auch voller Chancen.

Denn du kannst – mit ein bisschen Mut, Sensibilität und Selbstreflexion – deine Weiblichkeit und dein Älterwerden für dich selbst definieren.

  • Positioniere dich selbst: Wie möchtest du jetzt „nett“ beschrieben werden? Reife Frau, erfahrene Frau, mitten im Leben stehend, silber & sexy, … oder willst du frei sein von jeglichen Stempeln? Natürlich betiteln einen die Leute – zumindest hinter dem Rücken – eh anders. Aber wenn du dich für dich selbst positionierst, ist das ein selbstbewusster Anfang.
  • Sprich darüber: Es ist ungerecht, dass wir Frauen uns so viel stärker als Männer mit unserem Körper identifizieren und identifiziert werden. Wenn du jedoch unter dieser Ungerechtigkeit nur leise leidest, wird es meist nur schlimmer. Selbst wenn du also nicht der Typ dafür bist, gleich alle Mauern einzureißen, tausche dich zumindest mit anderen Frauen aus. Wie fühlen sie sich? Was hilft ihnen jetzt, ihre Rolle zu finden? Ehrlicher, offener Erfahrungsaustausch tut so gut!
  • Hinterfrage dein eigenes Denken: Was kommt dir spontan in den Kopf, wenn du an Madonna denkst? „Cool. Sie verhält sich bewusst nicht so, wie man es von einer 64-Jährigen erwarten würde.“ oder doch eher „Alles schön und gut. Aber so langsam wird es schon peinlich, was die Frau jetzt macht.“ Auch wir messen manchmal mit zweierlei Maß. Brad Pitt (59) oder George Clooney (61) dürfen die Hauptrolle im romantischen Film spielen, während Frauen im gleichen Alter gerade noch die Rolle der Großmutter bekommen. Wie soll sich etwas ändern, wenn selbst wir an alten Rollenklischees festhängen?

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Mache dich frei von Erwartungen: Schon vor den 40ern sollen wir Top im Job, aber bitte nicht zu „bossy“ sein. Die liebevolle Mutterrolle auskleiden, ohne zum Hausmütterchen zu werden. Attraktiv und lustvoll sein, aber bloß nicht zu sexy. Und jetzt sollen wir zusätzlich auch noch „würdevoll altern“, ohne dabei alt zu werden. Am besten ewig 38 – reif, aber noch nicht alt. Allein diese Auflistung schreit „unrealistisch“ – also versuche gar nicht erst, sie zu erfüllen. Gerade, weil du jetzt „reif“ genug dafür bist.

Finde deinen eigenen Zwischenweg: Ja, wenn du magst, darf dir mitten in einer Konferenz der Geduldsfaden platzen! Du brüllst jemanden an, kündigst, kaufst dir einen völlig unvernünftigen Sportwagen, verlässt deine Familie und brennst mit dem attraktiven 25-jährigen Praktikanten Richtung Südfrankreich durch. Ganz so extrem muss es aber wahrscheinlich gar nicht sein. Meistens sind kleine Dinge völlig ausreichend, um sich wieder wohl in der eigenen Rolle und Weiblichkeit zu fühlen. Finde raus, was du brauchst und setze dies Schritt für Schritt um.

Weiblichkeit ist im Wandel. Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch innerhalb des eigenen Lebenszyklus. Nutze diese Chance und erfinde dich immer wieder neu, wenn du dich im Status Quo nicht mehr wohlfühlst. Das Leben darf mit 55 oder 75 genauso verwirrend sein wie mit 15 – und das nicht nur wegen der chaotischen Hormone.