Verklebte Faszien richtig lösen
Ob Knieprobleme oder ständige Rückenschmerzen – Faszientraining löst Bewegungseinschränkungen und -blockaden auf und beugt Verletzungen vor. Doch gerade als Schreibtischtäterin musst du gezielt dafür sorgen, dass deine Faszien entspannt bleiben.
Faszientraining – der Begriff taucht immer wieder auf. Aber was sind Faszien überhaupt? Als Faszien bezeichnet man das strukturgebende und verbindende Gewebe für den gesamten Körper. Egal, ob bei Muskeln, Sehnen, Kapseln oder unter der Haut, sie sind allgegenwärtig.
Während man früher dachte, es wäre nur eine Hülle oder Trennschicht, weiß man heute, dass Faszien viel mehr sind: Ein aktiv auf mechanische und biochemische Einflüsse reagierendes System mit rund 100 Millionen Nervenenden und der Fähigkeit, selbst Schmerzen zu verursachen.
Muskel und Faszien – eine Einheit
Auch Muskeln und Faszien sind als funktionelle Einheit untrennbar miteinander verbunden. Man spricht deshalb auch von Myofaszien (Myo = Muskel). Das ermöglichen hier die Faszien:
- eine Schutz- und Haltefunktion für die Muskulatur
- ein geschmeidiges Übereinandergleiten benachbarter Muskeln
- Verbindung der Muskeln zu funktionalen Ketten, um Kräfte über den gesamten Körper optimal zu übertragen.
Die Faszien sorgen so dafür, dass die Muskulatur effektiver arbeitet und verbessern das Zusammenspiel der Bewegungsabläufe.
„Gift“ für die Faszien
Sind die Myofaszien entspannt und gut durchbewegt, liegen sie wie ein Netz über dem jeweiligen Muskel. Bewegen wir uns jedoch zu wenig, bleiben zu viel in statischen Zwangshaltungen oder stehen unter Dauerstress, entstehen „Crosslinks“. Diese Querverbindungen im Gitternetz, machen das Gewebe unflexibel und sorgen dafür, dass es sich zusammenzieht, verklebt und verfilzt. Man spricht hier auch von verklebten Faszien.
Bei verklebten Faszien ist die Beweglichkeit eingeschränkt und die Nährstoffversorgung reduziert. Ein Teufelskreis ist vorprogrammiert, denn wenn die Beweglichkeit geringer wird, neigen wir dazu, Bewegung noch mehr zu meiden. Das Resultat:
- Verhärtete „Triggerpunkte“: Schmerzhafte Spannungspunkte im Muskel, die durch Dauerspannung der Muskelfasern entstehen. Da die Faszien untrennbar mit den Muskeln verbunden sind, ziehen auch sie sich zusammen, sodass sich das gesamte Gewebe drumherum mit verhärtet. Es kommt zu Beschwerden in der gesamten Körperregion.
- Muskuläre Kettenreaktionen: Da Muskeln in Ketten funktionieren und zusätzlich über das Fasziengewebe miteinander verbunden sind, beeinflussen sie einander. Man spricht von „myofaszialen Leitbahnen“, bei denen eine Verspannung an Punkt A Auswirkungen auf Punkt B hat. Auch wenn diese weit voneinander entfernt sind. So können etwa Spannungskopfschmerzen entstehen, wenn die Faszien in den Füßen verhärtet sind!
- Gelenkschmerzen: Überspanntes Fasziengewebe presst die Gelenkknochen stark zusammen und belastet den (ggf. ohnehin schon schmerzenden) Gelenkknorpel. Der Druck erhöht sich punktuell, was Schmerzen verursacht, bzw. verschlimmert. Gleichzeitig kann es passieren, dass eine andere Gelenkstelle durch diese Dysbalance zu wenig Druck erhält, wodurch die Nährstoffversorgung gekappt wird. So entwickelt sich ein Teufelskreis.
Faszien lösen durch regelmäßiges Ausrollen
Von geschmeidigen Faszien profitierst du gleich mehrfach:
- Deine Muskulatur arbeitet effektiver und das muskuläre Zusammenspiel wird verbessert
- Bewegungseinschränkungen und -blockaden werden aufgelöst
- Muskelkater kann gemildert werden
- Deine Körperhaltung wird verbessert
Das Gute: Du benötigst keinen Experten oder Masseur, sondern du kannst mit Faszienrollen oder -bällen selbst zur Expertin werden. Dafür brauchst du auch keine speziellen Übungen für die Faszienrolle. Du rollst du deine Muskeln einfach über die Rolle oder drückst den Ball in die Triggerpunkte und übst so Druck- und Dehnreize auf das Gewebe aus. Starte etwa an den Waden und arbeite deine Beine dann langsam nach oben hin ab. Die hintere Kette, indem du quasi auf der Rolle sitzt, die vordere und seitliche Kette liegend, mit Abstützen. Gleiches gilt für Rücken und Arme, wobei du nie direkt über Knochen und Gelenke rollen solltest.
Dadurch gerät die Zwischenzellflüssigkeit in Bewegung: alte, verbrauchte Flüssigkeit mit Stoffwechselabfällen wird abtransportiert, neue Zwischenzellflüssigkeit strömt nach. Die Faszien saugen sich damit voll und Verklebungen im Fasziennetz lösen sich. Zusätzlich dehnen sich deine zusammengezogenen, „verkürzten“ Problemzonen, was die Crosslinks löst.
Achtung: Das Rollen ist schmerzhaft und es ist leider wichtig, genau in den Schmerz hineinzugehen, um die Faszien zu lösen. Auf einer Schmerzskala von 1 bis 10 sollte die Intensität beim (nahezu) maximal tolerierbaren, also bei 6–7 liegen. Findest du einen besonders schmerzenden Punkt, dann bleibe dort kurz und atme mit dem Schmerz aus. Zu viel Schmerz bedeutet Stress für den Körper. Also höre auf dich.
Bleibe 1–3 Minuten auf einem Muskel und gehe dann weiter zum Nächsten. Trainiere regelmäßig: Dreimal die Woche, am besten sogar täglich. Lieber häufiger kurz als sporadisch und ausführlich. Beim Faszientraining geht es nicht um Geschwindigkeit. Lasse dir viel Zeit für jedes einzelne Rollen und gehe über den gesamten Muskel von Ansatz bis Ende.
Futter für verklebte Faszien
Nicht nur Training hält die Faszien geschmeidig, auch die Ernährung leistet einen wichtigen Beitrag. Isst du alle wichtigen Nährstoffe, bleibt auch dein Bindegewebe gesund und funktionsfähig:
- Trinken: Das Fasziengewebe besteht zu ca. 75 Prozent aus Wasser. Trinkst du ausreichend, kann sich das Fasziensystem nach dem Ausrollen optimal „vollsaugen“.
- Proteine: Die Aminosäuren L-Lysin, L-Arginin und L-Prolin sind wichtige Proteine für die Faszienbildung und regenerieren Körper und Muskeln. Da unser Körper L-Lysin nicht selbst produzieren kann, solltest du für deine Faszien-Fitness möglichst häufig Proteinquellen wie Hülsenfrüchte, Fisch, mageres Fleisch, Pilze, XbyX Energie sowie Nüsse auf deinen Speiseplan setzen.
- Komplexe Kohlenhydrate: Kohlenhydrate leisten einen wichtigen Beitrag zur Bildung der Grundstruktur der Faszien. Bevorzuge langkettige, komplexe Kohlenhydrate, wie sie in Quinoa, Hirse, Naturreis und Vollkornprodukten enthalten sind. Verzichte möglichst auf Zucker und Zuckerersatzstoffe.
- Gesunde Fette: Ungesättigte Fettsäuren wie Omega 3 und Omega 9 sind für eine faszienfreundliche und gleichzeitig entzündungshemmende Ernährung unabdingbar. Leinöl, Algen und Fisch versorgen dich mit lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren. Oliven- und Rapsöl liefern dir wertvolle Omega-9-Fettsäure.
- Mikronährstoffe: Mikronährstoffe wirken verklebten Faszien entgegen und unterstützen die Produktion von Kollagen. Besonders wichtig für deine Faszien-Fitness sind Kalzium, Kalium, Magnesium, Silizium sowie die Vitamine C und B6, da sie deine Faszien elastischer und fester machen.
Studien & Quellen
Gatt A. Anatomy, fascia layers. StatPearls - NCBI Bookshelf. Published July 24, 2023.
Krause F, Wilke J, Vogt L, Banzer W. Intermuscular force transmission along myofascial chains: a systematic review. Journal of Anatomy. 2016;228(6):910-918. doi:10.1111/joa.12464
Klingler W, Velders M, Hoppe K, De Pedro MJ, Schleip R. Clinical relevance of fascial tissue and dysfunctions. Current Pain and Headache Reports. 2014;18(8). doi:10.1007/s11916-014-0439-y